„Gertrud’s Garten“ der Familie Baumgartner in Dornbirn

Was wir essen, muss natürlich sein“

Die Familie Baumgartner betreibt umweltbewussten, klimafreundlichen und nachhaltigen Ackerbau. DORNBIRN. Viele kennen ihn bereits, „Gertrud’s Garten“, und genießen die guten und natürlichen Lebensmittel. „Unsere Kinder sollen in einer intakten Umwelt aufwachsen und viel Freude an der Fortführung unseres Betriebes haben“, wünschen sich Gertrud und Helmut Baumgartner, die engagiert mit gutem Beispiel vorangehen. Als Mädchen hat Gertrud eine Zierpflanzenlehre absolviert, bevor sie mit 18 den Hof übernehmen musste. „Meine Mama ging immer schon mit dem Gemüse auf den Markt, und der Garten war immer schon meins“, erinnert sich Gertrud. „Wir sind mit dem Marktverkauf aufgewachsen.“ Vor 21 Jahren kam dann Helmut dazu. „Ich bin aus der Textil-Branche, war bei einer Hochzeit dabei und bin geblieben“, lacht er. „Ich bin in den Ackerbaubetrieb hineingewachsen und der handwerkliche, logistische und technische Teil.“

Teamwork im Ökokreislauf „Wir ergänzen uns sehr gut“, freut sich Gertrud über das effiziente Teamwork auf dem Hof. „Im ökologischen Naturkreislauf wollen wir die Voraussetzung für eine gesunde Erde schaff en“, erklären die beiden. „Dazu gehören saisonaler, vielfältiger Anbau von Früchten und Pflanzen, eigener Dünger, Fruchtfolge, Nützlings-Einsatz und Schaff und von Blühflächen. Ein gesunder Boden nimmt entsprechend Regenwasser auf, er benötigt keine Intensivbewässerung und ist daher ressourcenschonend. Außerdem verwenden wir keine schweren Geräte und verhindern so die Verdichtung des Bodens sowohl beim Pflanzen wie auch beim Ernten.“ Ausschlaggebend für ein Umdenken war bei Helmut vor vielen Jahren eine Allergie gegen Spritzmittel. „Mit dem leben, was da ist“ Gertruds Motto lautet: „Das, was wir essen, muss natürlich sein. Ich will die Lebensmittel vom Strauch oder aus dem Boden nehmen und essen können.“ Von Wirtschaftswachstum ins Unendliche hält die Familie Baumgartner nichts, denn „was mir die Eltern gegeben haben – den gesunden Boden –, von dem können wir gut leben und brauchen kein künstliches Wachstum, das genügt uns. Wir wollen verantwortungsbewusst ohne Förderungen und Forderungen unser Leben und den Betrieb führen.“ Wie wichtig aber Betriebswirtschaftslehre ist, die zum Ganzen dazugehört, betont Helmut: „Die Einnahmen- Ausgaben-Rechnung muss stimmen.“

Von der Natur lernen „Wir haben Freude daran, mit der Natur zu lernen und mehr über sie zu erfahren, daher Feldbaukurse besucht und auch ein ganzes Jahr bei Hans-Peter Bruchmann in Deutschland gelernt und erfahren, dass Bio funktioniert“, erzählt Gertrud. Das Paar wollte auf Bio umstellen, zog aber die freie Entscheidungsmöglichkeit der Bürokratie vor, und „so sind wir offiziell ein konventioneller Betrieb, inoffiziell aber bio“. So gibt es nur hofeigenen Dünger für den Ackerboden aus Gemüseabfall, Grasschnitt, Hühner- und Pferdemist sowie Hackgut. Entsprechend gemischt wird er überdacht zur Reifung gebracht. Diese Zusammensetzung führt zu einer Konsistenz des Bodens, die dazu beiträgt, dass Regenwasser entsprechend aufgenommen, gespeichert und langsam an die Pflanzen abgegeben wird. Herbizide, Pestizide & Co. werden selbstverständlich nicht verwendet.

Fruchtfolge und Nützlinge Wichtig für einen natürlichen und erfolgreichen Ertrag ist die Fruchtfolge, also zum Beispiel beim Gemüseanbau Wurzelgemüse wie Karotten/ Doldenblütler, dann Gründüngung und danach Salate/ Korbblütler. Kartoffeln sind Starkzehrer, daher wird hier mindestens für zwei Jahre Grünhandgemenge angelegt. Danach erfolgt ein Flächenabtausch mit Gemüse. Es wird in Gertrud’s Garten aber auch mit Zwischenfrucht gearbeitet: Lanzbergergemenge, Ackerbohne, Wicke, Blatterbsen – sie werden sowohl im Sommer als auch im Winter eingesetzt. Auch Sonnenblumen werden angebaut. Im Folientunnel kommen wichtige Nützlinge unter der Aufsicht des Reichenau Gärtnercenters zum Einsatz. Für die jeweilige Gemüsesorte wird das passende Nützlingsprogramm erstellt. Im Freiland kommen Nützlings- Blühstreifen zum Tragen, die direkte Förderung von heimischen Nützlingen wie Schwebfl iegen, Florfl iegen und Marienkäfer. Bienenund Schmetterlingspfl anzen sind eine Selbstverständlichkeit, damit Nützlinge zwischen den Kulturen Nahrung fi nden und sich vermehren können. Bei Kohlpfl anzen werden Blumen dazwischen gepfl anzt. Energiesparmaßnahmen Familie Baumgartner hat den Großteil des Wohnhauses bereits in Eigenregie thermisch saniert, mit Energiesparlampen ausgestattet und eine Stückholzheizung eingebaut. Die beiden großen Gewächshäuser werden nicht beheizt, der Aussaattunnel nur bei Bedarf. Im Hofl aden werden als Verpackungsmaterial nur Papier- oder verrottbare Bio- Plastiktaschen verwendet, und die Kunden werden animiert, eigene Behältnisse mitzubringen. Hierzu lässt sich im Hofl aden gut aufk lären. „Viele Stammkunden sind schon so weit, dass sie auf saisonales Gemüse warten und nicht auf importiertes Gemüse zurückgreifen“, freut sich Gertrud. „Überzeugt werden konnten sie durch Geschmack, Konsistenz, Frische und natürliche Haltbarkeit. Das bedeutet auch ein großes Einsparungspotenzial in Sachen Transportwege.“ Familie Baumgartner setzt auf kurze Transportwege und ist Direktvermarkter in Dornbirn, auf dem Wochenmarkt und via Hofl aden. Mit der Photovoltaik-Anlage wird ein großer Teil des Strombedarfs abgedeckt. Zur Aufk lärung der Kinder aus den Dornbirner Spielgruppen und Kindergärten heißt das Motto „Vom Samen bis zum fertigen Gemüse“. „Wenn die Kinder den Geschmacksunterschied erkannt haben, dann wollen sie zu Hause das gesunde Gemüse“, weiß Gertrud. Erzeugung von Erneuerbaren Neben der Photovoltaik-Anlage für Wohnhaus und Betrieb hat die Familie die Dachfl ächen des Hühnerstalls, der Lager- und Gerätegebäude für die Errichtung einer Groß- Photovoltaik-Anlage genützt. Mitte 2012 wurden auf 1600 Quadratmetern in Eigenregie Paneele montiert. Das bedeutet im Jahr eine durchschnittliche Stromversorgung von 50 Haushalten. Damit verbunden war gleichzeitig die Sanierung der Dächer. Die Lagerräume sind so gebaut, dass eine zusätzliche Kühlung nur im Herbst zum Herabkühlen des Gemüses verwendet wird. Die Abwärme der Aggregate wird genützt und etwa für die Sauerkrautgärung und zur Trocknung von Nüssen verwendet. Der nächste Pkw wird ein E-Auto sein, auch der Transporter mit Ladefl äche, sobald er auf den Markt kommt. „Eine Sorten-vielfältige Lebensmittelproduktion auf gesundem, nährstoff reichem Boden und die regionale Vermarktung ist unser Beitrag zum Klimaschutz“, sagt die Familie Baumgartner. Der Preis  Familie Baumgartner gewinnt eine „Unser Ländle“ Leserreise 2017 im Wert von 1200 Euro von der Landwirtschaftskammer, eine VN-Urkunde und eine Stein-Trophäe.  Jury Begründung: Familie Baumgartner praktiziert mit „Gertruds Garten“ vorbildlich ein umfassendes Verständnis der Bedeutung einer ökologisch orientierten Landwirtschaft für den Klimaschutz, vom Boden bis zur Energieversorgung